Zur Abgrenzung der Begriffe „Barvermögen“ und „Kapitalvermögen“
Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte in einer erbrechtlichen Auseinandersetzung darüber zu entscheiden, wie der Begriff des Barvermögens im Rahmen einer testamentarischen Vermächtnisanordnung auszulegen ist. Im Rahmen des Vermächtnisses sollte das „vorhandene Barvermögen“ an die Vermächtnisnehmerin ausgezahlt werden. Die Vermächtnisnehmerin war der Auffassung, dass hierzu auch das Wertpapiervermögen des Erblassers gehörte.
Das Oberlandesgericht Oldenburg führt ins einem Urteil aus, dass zum Begriff des Barvermögens in Zeiten des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehres so auszulegen sei, dass es sowohl das Bargeld, das sich zum Zeitpunkt des Todes im Eigentum des Erblassers befand, als auch dasjenige Geldvermögen umfasst, das im Wesentlichen sofort verfügbar von Banken, sei es über eine Kartenzahlung oder anderes, ausgezahlt werden kann. Aus diesem Grund gehört nach Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg ein Depotvermögen, das nicht auszahlbar ist, nicht zum Barvermögen, sondern zum sogenannten Kapitalvermögen. Der Grund ist darin zu sehen, dass Wertpapiere zunächst liquidiert werden müssen, bevor liquide und damit Barmittel vorliegen.
Aufgrund dieser Auslegung durch das Gericht konnte sich die Vermächtnisnehmerin nicht mit der Behauptung durchsetzen, dass das Barvermögen des Erblassers, das ihr vermächtnisweise zugewiesen wurde, auch das Depotvermögen mitumfasst.
Praxishinweis:
Das Verfahren zeigt erneut, wie wichtig die genaue Formulierung der Vorstellung des Erblassers in einem Testament ist, damit es nicht zu einer streitigen Auseinandersetzung über die Auslegung des Testaments nach dem Todesfall kommt.OLG Oldenburg, Az.: 3 U 8/23, Urteil vom 20.12.2023, eingestellt am 15.05.2024