Zur Wirtschaftsfähigkeit eines anderthalb jährigen Kindes im Höferecht
Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg ging es in eine Entscheidung zum Höferecht darum, wer Hoferbe eines Hofes des im Jahr 2015 verstorbenen Erblassers ist. Der Erblasser betrieb den Hof von 22 Hektar seit 1970 im Nebenerwerb mit seiner Ehefrau. In seinem Testament hatte der Erblasser seinen Sohn als Hoferben bestimmt. Der Sohn übernahm den Hof pachtweise im Jahr 1997. Nach dem Tod des Erblassers wurde dem vom Erblasser bestimmten Hoferben jedoch die Tierhaltung untersagt. Aus diesem Grund war die Hoferbeneinsetzung des Erblassers fehlgeschlagen. Dem erbberechtigten Hoferben fehlte deshalb die Wirtschaftsfähigkeit, die Voraussetzung für die Hoferbenstellung ist. Im Nachgang stellte sich die Frage, wer Hoferbe sei. In Betracht kam die Ehefrau des Erblassers. Durch die Tochter des Erblassers wurde jedoch beantragt, dass die anderthalbjährige Enkeltochter des Erblassers als Hoferbe bestimmt würde. Das Oberlandesgericht Oldenburg lehnte die Bestellung der anderthalbjährigen Tochter als Hoferbe ab, da ein anderthalbjähriges Kind nicht wirtschaftsfähig nach § 6 Höfeordnung ist.

Nach der Legaldefinition der Höfeordnung ist wirtschaftsfähig, wer nach den geistigen und körperlichen Fähigkeiten und aufgrund seiner Kenntnis und Neigung in der Lage ist, einen Hof zu übernehmen und zu bewirtschaften.

Dies ist bei einem anderthalbjährigen Kind nicht der Fall, da hier keine Prognoseentscheidung getroffen werden kann, dass es tatsächlich später beruflich in der Landwirtschaft tätig sein wird und den Betrieb übernimmt. Das bloße landwirtschaftsnahe Aufwachsen eines Kindes reicht hierfür nicht aus. Vielmehr muss eine Prognoseentscheidung getroffen werden, dass das Kind tatsächlich in der Lage sein wird, die Fähigkeiten zu entwickeln und den Willen zu haben, einen Hof zu übernehmen und zu führen. Da der vorliegende Betrieb aufgrund seiner Größe bereits nur im Nebenerwerb betrieben werden konnte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Kind, dessen Eltern selbst nie in der Landwirtschaft tätig waren, die Bestrebung entwickelt, einen solchen Hof zu übernehmen. Aus diesem Grund lehnte das Oberlandesgericht Oldenburg die Hoferbenbestellung des anderthalbjährigen Kindes ab. Zur Hoferbin wurde die Ehefrau des Erblassers bestimmt.
OLG Oldenburg, Aktenzeichen 10 W6 aus 20 (groß elkline.de), Beschluss vom 17.9. 2020, eingestellt am 31.01.2021