Handschriftliche Streichungen des Erblassers im Testament
Es ist in der erbrechtlichen Praxis durchaus üblich, dass Testamente vorgelegt werden, in denen Streichungen durch den Erblasser vorgenommen wurden. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, welches Formerfordernis an die Streichung zu stellen ist. Grundsätzlich haben Streichungen in einem Testament, wenn sie eine weitere erbrechtliche Wirkung entfalten, wie eine Erbeinsetzung das Erfordernis, dass diese ebenso eigenhändig zu errichten sind und dass diese Zusätze das gleiche Formerfordernis des § 2247 BGB haben. Das bedeutet, dass sie der Unterschrift des Erblassers bedürfen.

In einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart lag ein handschriftliches Testament der Erblasserin vor, das allerdings erst im Rahmen der Nachlasspflegschaft in der Wohnung der Erblasserin gefunden wurde. In diesem handschriftlichen Testament hatte die Erblasserin zunächst einen Erben eingesetzt. In der Folgezeit wurde die Erbenstellung gestrichen und es erfolgte der Zusatz „wird noch genannt“. Dies wurde mit einem Datum versehen, eine Unterzeichnung dieses testamentarischen Zusatzes erfolgte nicht. Da die Erblasserin keine Abkömmlinge hatte, bestand Streit zwischen der Schwester der Erblasserin, die im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge Erbin geworden wäre und einem Verein, der zuvor testamentarisch benannt wurde. In der Auseinandersetzung ging es darum, ob die Streichung durch die Erblasserin erfolgt sei und ob durch die Streichung eine positive Wirkung der Erbeinsetzung erfolgen würde, sodass diese von der Erblasserin hätte unterzeichnet werden müssen.

In seiner Beweiswürdigung führt das Gericht noch aus, dass an der eigenständigen Errichtung des Testaments sowohl von der Art, wie die Streichung begründet wurde und auch das Testament abgefasst wurde keine Zweifel an der Eigenhändigkeit durch die Erblasserin gegeben sind. Zudem zeugt der Auffindungsort, nämlich die Wohnung der Erblasserin und die Tatsache, dass der Nachlasspfleger dieses Testament gefunden hat und selbst keinen Vorteil aus der Streichung generieren kann, dass die Streichungen durch die Erblasserin vorgenommen wurden.

Das Gericht führt weiter aus, dass die bloße Streichung einer Erbeinsetzung mit dem Zusatz, dass diese später bekannt gegeben werden und der Folge, dass wenn dies nicht geschieht, gesetzliche Erbfolge eintritt, keine Unterschrift nach § 2247 BGB bedarf. Die Unterschrift bedarf lediglich ein testamentarischer Zusatz, der eine positive Verfügung trifft und somit einen Erben einsetzt. Da die gesetzliche Erbfolge grundsätzlich die Basis im deutschen Erbrecht ist, stellt eine Streichung, die zur Folge hat, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, keine positive Verfügung nach Auffassung des Gerichts dar.
OLG Stuttgart, Az.: 8 W 104/19, Beschluss vom 25.03.2020, eingestellt am 21.01.2021