Erbverzichtsvertrag
Mit einem Erbverzichtsvertrag können Erbberechtigte, wie beispielsweise Ehegatten oder Abkömmlinge des Erblassers mit dem Erblasser einen Verzicht hinsichtlich ihrer Erbenstellung notariell beurkunden.
Im Erbverzichtsvertrag kann sowohl auf die gesetzliche Erbfolge als auch die testamentarische Erbfolge verzichtet werden, so dass durch den Erbverzicht dann keine Erbenstellung mehr begründet werden kann. Der Erbverzicht kann sich des Weiteren auch auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungs-ansprüche beziehen, so dass keinerlei Teilhabe am Nachlass des Erblassers mehr besteht.
In der Regel werden Erbverzichtsverträge mit Abfindungserklärungen verbunden, dies ist aber kein „Muss“ für einen Erbvertrag.
Da es sich bei einem Erbvertrag um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Lebenden handelt, sind für streitige Fragen hinsichtlich der Erbfolge für die Auslegung des Vertrages nicht § 2084 BGB einschlägig, sondern die allgemeinen Regelungen der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB. Für die Auslegung sind dann sämtliche Umstände heranzuziehen, die bei der Vertragsgestaltung und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgelegen haben. Die Auslegung hat sich nicht allein am Wortlaut zu orientieren.
Liegt ein Erbverzichtsvertrag vor und ist nicht aus dem Vertrag erkennbar, dass der Verzichtende sowohl auf sein gesetzliches als auch sein testamentarisches Erbrecht verzichtet, so ist durch Auslegung des Vertrages von Amts wegen durch das Gericht zu ermitteln, ob sich aus den Umständen der Vertragsentstehung ergibt, dass auch auf Zuwendungen von Todes wegen und damit auf testamentarische Zuwendungen nach § 2352 BGB verzichtet werden soll. Liegt also ein Erbverzichtsvertrag vor und wird der Verzichtende testamentarisch im Anschluss dennoch durch den Erblasser bedacht, so stellt sich die Frage, ob der Verzichtende im Rahmen der Vertragsgestaltung des Verzichtsvertrages sowohl auf seinen testamentarischen als auch auf seinen erbrechtlichen Erbanspruch verzichtet hat.
KG, Az. 19 W 169/21, Beschluss vom 10.02.2022, eingestellt am 08.01.2024