Zur Frage des konkludenten Pflichtteilsverzichts
Die Erben, die zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten zählen, haben im Fall der Enterbung das Recht auf ihren gesetzlichen Pflichtteil. Auf den Pflichtteilsanspruch kann durch notarielle Urkunde ausdrücklich verzichtet werden, §§ 2346, 2348 BGB.

Die Frage, die sich in dem Zusammenhang stellt ist, ob beispielsweise auch konkludent, das bedeutet durch schlüssiges Verhalten auf den Pflichtteil verzichtet werden kann. Vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf stellte sich diese Frage anhand eines Sachverhalts, in dem die Ehegatten kurz vor der Eheschließung einen notariellen Ehe- und Erbvertrag geschlossen haben. In diesem notariellen Vertrag hatten sie beispielsweise die jeweiligen Kinder aus erster Ehe zu Alleinerben eingesetzt und man hatte sich ein unentgeltliches Wohnungsrecht am Haus einräumen lassen.

Ob überhaupt die Möglichkeit eines konkludenten Pflichtteilsverzichts besteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der Bundesgerichtshof hat dies in einer Entscheidung aus dem Jahr 1967 für zulässig gehalten, vergleiche BGH NJW 1977, 1728. Es ist in einem solchen Fall aber auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu schließen und es sind strenge Anforderungen an einen solchen Pflichtteilsverzicht zu stellen. In dem damaligen Fall hatten die Eheleute ebenfalls einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen. Aus den Gesamtumständen ließ der BGH allerdings die Möglichkeit des konkludenten Pflichtteilsverzichts in den notariellen Urkunden zu, da die Ehegatten ausdrücklich die vollständige Trennung der Vermögensmassen gewollt hätten.

Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem vorgelegten Verfahren so nicht anerkannt, hier ging es lediglich um die Einräumung eines Wohnrechts, weitere Regelungen wurden nicht geschlossen und dadurch, dass die Ehegatten in dem Ehevertrag die Gütertrennung vereinbart hatten und der Notar darauf hinwies, dass sich hierdurch die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsquoten ändern würden, gerade nicht den Ansatz erkennen, dass mit dem Vertrag auch ein konkludenter Pflichtteilsverzicht bestehen könnte.

Aus diesem Grund stand der Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes das Pflichtteilsrecht mit dem entsprechenden Pflichtteilsanspruch zu.

Praxishinweis:
Pflichtteilsverzichte können nur in notariellen Urkunden aufgenommen werden, ein konkludenter Pflichtteilsverzicht ist nur unter engen und sehr strengen Voraussetzungen überhaupt rechtlich denkbar, weshalb die Ehegatten, sollten Pflichtteilsverzichte gewünscht und gewollt sein, dies notariell ausdrücklich erklären sollten. Gleiches gilt für Situationen, in denen Erbverträge mit Abkömmlingen geschlossen werden.
OLG Düsseldorf, Az.: 7 U 110/20, Urteil vom 09.07.2021, eingestellt am 23.04.2022