Zur Auslegung eines Testaments, das eine Person als Alleinerbin vorsieht und gleichzeitig Erbteile einer anderen Person zuspricht
Es kommt häufig vor, dass Testamente, die eigenhändig von den Erblassern verfasst sind, auslegungsbedürftig sind. Dies liegt häufig daran , dass Begrifflichkeiten verwendet werden, ohne dass deren genaue juristische Bedeutung bekannt ist.

In einem aktuellen Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ging es um ein handschriftliches Testament, in dem der Erblasser seine zweite Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt hat, ihr zugleich ein Wohnrecht für die Wohnung eingeräumt hat, die den wesentlichen Nachlassanteil ausgemacht hat und zugleich den Sohn aus erster Ehe mit einem Erbanteil bedacht hat, den dieser im Alter von 30 Jahren erhalten sollte.

In dem erstinstanzlichen Verfahren stritten die Beteiligten um die jeweilige Erbenstellung. Während die Ehefrau aus zweiter Ehe sich als Alleinerbin ansah, sah der Sohn sich als Miterbe. In der ersten Instanz wurde der Ehefrau aus zweiter Ehe eine Alleinerbenstellung zugesprochen. Hiergegen wandte sich der Sohn mit Erfolg.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt in seiner Entscheidung aus, dass Testamente, die nicht eindeutig sind, ausgelegt werden müssen. Die Auslegung erfolgt im Rahmen der sogenannten erläuternden Testamentsauslegung. Hierbei ist zu klären, was der Erblasser mit den gewählten Worten tatsächlich ausdrücken wollte, hinzugezogen werden können Begleitumstände, die vor und nach der Testamentserstellung von Bedeutung waren. Aus diesen Begleitumständen ergab sich, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn zwar schwierig war, aber das elterliche Band nie zerrissen war. So zog der Sohn beim Vater ein, als dieser erkrankte und pflegte ihn bis zu seinem Tod. Aus diesen Umständen sah das Oberlandesgericht Düsseldorf in der testamentarischen Verfügung eine Vorerbfolge für die Ehefrau aus erster Ehe und eine Nacherbfolge für den gesetzlichen Erbanspruch des Sohnes bei Vollendung des 30. Lebensjahres.
OLG Düsseldorf, Az. 3 Wx 237/18, Beschluss vom 03.04.2020, eingestellt am 08.08.2020