Pflichtteilsentziehung aufgrund vorsätzlicher Straftaten
Kinder des Erblassers können durch eine Enterbung des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Regelmäßig bleibt ihnen dann aber der sogenannte Pflichtteilsanspruch als Mindestteilhabe am Nachlass. Aber auch der Pflichtteilsanspruch kann entzogen werden, wenn die Voraussetzungen nach § 2333 Abs. 1 BGB vorliegen. Pflichtteilsentziehungsgründe sind beispielsweise schwere Straftaten gegenüber dem Erblasser oder dessen Ehegatten und Angehörigen, oder aber auch vorsätzliche Straftaten, die zu einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung geführt haben. Die entsprechenden Regelungen gelten auch für die Entziehung des Pflichtteilsrechts der Ehegatten oder Eltern.

Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg ging es in einem aktuellen Verfahren gerade um die Fragestellung, ob ein Pflichtteilsberechtigter, der zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden ist, von der Erbfolge ausgeschlossen war. Wesentliches Kriterium nach § 2336 BGB ist es, dass die Voraussetzungen einer Straftat nach § 2333 BGB bei der Errichtung des Testaments vorlagen und auch im Testament als solches so bezeichnet wurden. Zudem muss die Straftat für den Testierenden unzumutbar gewesen sein, dass eine Beteiligung am Nachlass für ihn nicht infrage kommt. Das Gericht führt aus, dass auch lange zurückliegende Straftaten für eine solche Pflichtteilsentziehung herangezogen werden können, wenn nicht zuvor ein Verzeihen des Erblassers nach § 2337 BGB vorlag. Wenn ein solches Verzeihen nicht gegeben ist, kann auch die lange zurückliegende Freiheitsstrafe zu einer Pflichtteilsentziehung führen.

In dem Beschluss führt das Oberlandesgericht Oldenburg weiter aus, dass im Testament ein sogenannter Sachverhaltskern enthalten sein muss, der die Straftat darstellt, so dass das Gericht beurteilen kann, auf welche Straftaten sich der Erblasser bezog, die in seinen Augen eine Entziehung rechtfertigen würden.

Das Gericht führt weiter aus, dass je schwerwiegender die Straftat ist, die der Pflichtteilsberechtigte begangen hat, die Darstellung im Testament selbst umso knapper gehalten werden kann.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.07.2020, Az. 3 W 40/20 – eingestellt am 01.07.2021