Zur zeitlichen Gültigkeit des Europäischen Nachlasszeugnisses
Bei grenzüberschreitenden Nachlässen innerhalb der europäischen Union kann der Erbe die Ausstellung eines europäischen Nachlasszeugnisses nach der Verordnung (EU) Nr. 650/2021 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2021 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Erfüllung eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.

Liegt lediglich ein Nachlass in Deutschland vor, so reicht der Erbschein als Erbnachweis aus oder ein notarielles Testament nebst Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts.

In einer Vorabentscheidung, die dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt wurde, ging es um die Fragestellung, wie die Ausführung „unbefristet“ im Zusammenhang mit dem Europäischen Nachlasszeugnis auszulegen ist. Der Grund für die Fragestellung taucht deshalb auf, weil Art. 70 der Verordnung besagt, dass beglaubigte Abschriften für einen begrenzten Zeitraum von lediglich sechs Monaten gültig sind.

Der Europäische Gerichtshof führt in der Entscheidung aus, dass sich die Sechsmonatsfrist aus Art. 70 der Verordnung lediglich auf die beglaubigten Abschriften des Nachlasszeugnisses bezieht, aber auch auf das Nachlasszeugnis selbst. In den beglaubigten Abschriften ist ein Zeitrahmen angegeben nebst Ablaufdatum und wenn das Ablaufdatum eingetreten ist, sind neue beglaubigte Abschriften zu beantragen. Da jede beglaubigte Abschrift ein Ausstellungsdatum enthält, gilt die Sechsmonatsfrist ab dem Zeitpunkt der Ausstellung, selbst wenn die beglaubigte Abschrift selbst angibt, sie sei „unbefristet“.

Mit dieser Entscheidung stellt der Europäische Gerichtshof klar, dass jede beglaubigte Abschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses eine Gültigkeit von sechs Monaten ab Ausstellungsdatum hat.
Europäischer Gerichtshof, Az. C-301/20, Urteil vom 01.07.2021, eingestellt am 08.08.2021