Zum Anschein des Testamentswiderrufs durch den Erblasser
Wer 16 Jahre alt und testierfähig ist, kann sein eigenes Testament handschriftlich verfassen. Ein handschriftliches Testament ist mit Datum und Unterschrift zu versehen und ist in Gänze handschriftlich abzufassen.

Auch ein solches Testament kann widerrufen werden durch entsprechende Widerrufshandlung, sei es durch Vernichtung, oder dass es aber auch verändert wird. Wird ein Testament dann aufgefunden und enthält Veränderungen oder Hinweise auf den Widerruf, dann ist gerichtlich zu klären, ob das Testament mit dem Erblasserwillen verändert oder aber widerrufen wurde.

Vor dem Amtsgericht Bamberg ging es in einem Fall um genau diese Fragestellung. Hier wurde im Nachttisch des Erblassers ein handschriftliches Testament gefunden. Dieses war in zwei Teile zerrissen und befand sich in einer Klarsichthülle.

Die im Testament Benannte machte daraufhin ihren Erbanspruch geltend und stellte einen entsprechenden Erbscheinsantrag vor dem Amtsgericht. Der einzige Sohn des Erblassers berief sich auf die Vernichtung des Schriftstücks und damit auf die gesetzliche Erbfolge.

Das Amtsgericht hatte sich also mit der Frage des Widerrufs durch den Erblasser zu beschäftigen und das Amtsgericht führt aus, dass allein die Veränderung der Originaltestamentsurkunde nicht zu einer gesetzlichen Vermutung führt, dass der Widerruf durch den Erblasser erfolgt ist. Grundsätzlich muss sich derjenige, der sich auf die Widerrufshandlung beruft nachweisen, dass die Veränderung durch den Erblasser mit Änderungswillen durchgeführt wurde. Allerdings sind an die Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Befindet sich das Dokument in der Gewahrsamssphäre des Erblassers und wird dort in dem Zustand aufgefunden und liegen weiterhin keine ernsthaften Anhaltspunkte vor, dass ein Dritter die Änderung vorgenommen hat, so gilt die Vermutung, dass der Erblasser die Vernichtung oder Veränderung nach eigenem Gutdünken vorgenommen hat.

Aus diesem Grund nahm das Amtsgericht Bamberg an, dass die zerrissene Urkunde, die im Nachttischschrank des Erblassers gefunden wurde den Willen des Erblassers der Vernichtung widerspiegelt. Aus diesem Grund war nicht testamentarische Erbfolge, sondern gesetzliche Erbfolge daraus abzuleiten.
Amtsgericht Bamberg, Az.: RV 54 VI 2253/21, Beschluss vom 08.07.2021, eingestellt am 01.03.2023