Auch im Erbscheinverfahren kann ein Sachverständiger abgelehnt werden
Das Erbscheinverfahren wird vor dem Zivilgericht geführt und über das FamFG finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über Sachverständige Anwendung, § 30 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 404 a und § 407 a ZPO. Aus diesem Grund kann ein Sachverständiger auch wegen des begründeten Verdachts der Befangenheit abgelehnt werden.

In Erbscheinangelegenheiten geht es im Rahmen der Hinzuziehung von Sachverständigen meistens um die Frage, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig gewesen ist und somit die geistige Kompetenz hatte, ein Testament abfassen zu können. Voraussetzung hierbei ist, dass der Erblasser weiß, dass er mit dem Testament die Erbfolge nach seinem Ableben regelt und diese auch gerade regeln will.

Vor dem Oberlandesgericht Nürnberg ging es in einem aktuellen Verfahren um die Ablehnung eines Sachverständigen. Der Sachverständige nahm für die Beurteilung der ihm vom Gericht auferlegten Frage Bezug auf bestrittene Behauptungen der Parteien und wertete diese als unstrittig. Da es am Beweis der bestrittenen Behauptung fehlte, lagen für die Partei, die die Ablehnung beantragte, objektive Gründe vor, die eine Parteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen würden. Das Gericht führt aus, dass es für einen Antrag auf Ablehnung aufgrund der Besorgnis der Befangenheit allein ausreichend ist, ob die ablehnende Partei ausreichend objektive Gründe vorweist, die nach der Ansicht eines vernünftigen Dritten geeignet sind, Zweifel an einer unparteilichen Bewertung des Sachverständigen hervorzurufen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die bestrittene Aussage, die der Sachverständige als Basis für sein Gutachten herangezogen hat, objektiv gesehen ausreichend ist, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Darüber hinaus führte das Gericht aus, dass die Frist für den Ablehnungsantrag regelmäßig mit der Frist gleichzusetzen ist, die das Gericht den Parteien zur Stellungnahme zu einem Gutachten aufgibt.

Praxishinweis:
Aus der vorliegenden Entscheidung ergibt sich, dass Gründe für die Befangenheit eines Sachverständigen immer innerhalb einer Frist für die Stellungnahme zum Gutachten, die das Gericht den Beteiligten aufgibt, vorzutragen sind.
OLG Nürnberg, Az.: 1 W 238/19, Beschluss vom 09.08.2019, eingestellt am 15.07.2020