Zum unbeachtlichen Motivirrtum im Rahmen der fehlgeschlagenen Ausschlagung
Erben, die durch testamentarische Anordnung oder von Gesetzes wegen als Erben nach dem Erblasser berufen sind, haben nach deutschem Recht die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Die Ausschlagungsfrist beträgt 6 Wochen, befindet man sich zum Zeitpunkt des Todesfalls und der Kenntnis der Erbfolge im Ausland, beträgt die Frist 6 Monate.
Häufig kommt es im Erbrecht vor, dass berufene Erben die Erbschaft ausschlagen, damit eine bestimmte andere Person den Nachlass in Gänze erhält. Hierbei wird oft nicht beachtet, wie die Rangfolge in den gesetzlichen Ordnungen sich darstellt, sodass am Ende andere Personen am Nachlass beteiligt werden als die, die der Ausschlagende sich vielleicht vorgestellt hat.
In einer neuen Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof erneut mit dem unbeachtlichen Motivirrtum auseinandergesetzt und hierzu beschlossen, dass der die Erbschaft Ausschlagende im Rahmen der Ausschlagungserklärung keinem Irrtum unterliegt, der zu einer Anfechtung berechtigen würde, wenn er darüber irrt, wer nach ihm in die Erbfolge eintritt. Dies ist ein Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung der Ausschlagung nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB berechtigt. Wenn der Ausschlagende in der Ausschlagung nicht angibt, dass er der Auffassung ist, dass dann der Nachlass einer anderen Person zufällt, dann liegt auch keine Bedingung vor, die zu einer Unwirksamkeit der Ausschlagung nach § 1947 BGB führen könnte. Der Grund liegt darin, dass eine Ausschlagungserklärung nicht unter eine Bedingung gestellt werden kann.
Praxishinweis:
Wenn ein Erbe der Auffassung ist, dass er die Ausschlagung der Erbschaft erklären sollte, damit der Nachlass dann einer anderen Person zufließt, dann sollte er hierfür dringend eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, um nicht in die Situation zu geraten, dass der Nachlass anderen Personen als der vermeintlich zugedachten Person zufällt.
BGH, Az.: IV ZB 12/22, Beschluss vom 22.03.2023, eingestellt am 22.08.2023