Herausgabeanspruch der Lebensgefährtin auf kryokonservierte Samenspende des verstorbenen Lebensgefährten
Vor dem Oberlandesgericht Hamburg ging es in einer aktuellen Entscheidung um die Fragestellung, ob die Lebensgefährtin die kryokonservierten Samenzellen ihres verstorbenen Lebensgefährten von einer Klinik herausverlangen kann, um diese in Spanien zur künstlichen Befruchtung nutzen zu können. Der Lebensgefährte hatte vor einer anstehenden Strahlentherapie Samen kryokonservieren lassen, sodass nach erfolgreicher Strahlentherapie die Möglichkeit bestand, mit seiner Lebensgefährtin noch Kinder künstlich erzeugt bekommen zu können. Vor seinem Tod hatte er noch einen Vertrag mit einer Kinderwunschklinik in Madrid, Spanien, abgeschlossen, wonach seine Lebensgefährtin auch innerhalb von 12 Monaten nach seinem Tod, seine kryokonservierten Spermien für eine künstliche Befruchtung nutzen konnte. Nach dem Tod des Lebensgefährten forderte die Lebensgefährtin die kryokonservierten Samenzellen heraus, damit diese nach Spanien verbracht werden konnten. Dagegen weigerte sich die Klinik. Nachdem das erstinstanzliche Gericht die Klage abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Hamburg im Rahmen der einstweiligen Anordnung dem Herausgabeanspruch der Lebensgefährtin Recht. Begründet wurde dies damit, dass in dem Vertrag mit der Kinderklinik in Madrid ein konkludenter Herausgabeanspruch der kryokonservierten Spermien an die Lebensgefährtin gesehen werden kann. Weiterhin ist nach Auffassung des Gerichts die Herausgabe und Befruchtung auch innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Lebensgefährten möglich gewesen und die Herausgabe verstößt auch nicht gegen das Embryonenschutzgesetz. In der Entscheidung wurde umfassend eine Abwägung bzgl. des Kindeswohls und dem Wunsch Rechnung getragen, ebenso hinsichtlich der Möglichkeit des Lebensgefährten, entsprechende Vereinbarungen einzugehen. Aufgrund der einstweiligen Anordnung konnte die Lebensgefährtin somit die Herausgabe der kryokonservierten Samenspende an die Kinderwunschklinik in Madrid fordern.
OLG Hamburg, Az.: 6 W 28/21, Beschluss vom 11.11.2021, eingestellt am 30.04.2022