Wechselseitige Einsetzung der Vor- und Nacherbfolge im Ehegattentestament
Erblasser haben die Möglichkeit, im Rahmen der Vor- und Nacherbfolge zweimal über ihren Nachlass zu verfügen. Dies ist eine Besonderheit zur allgemeinen Erbeinsetzung. Im Rahmen der Vor- und Nacherbfolge bestimmt der Erblasser, wer zunächst Vorerbe des Nachlasses werden soll. Hier kann der Erblasser den Vorerben mit den gesetzlichen Beschränkungen versehen oder ihnen davon ganz oder in Teilen befreien. Im Rahmen der Vorerbfolge wird das vererbte Vermögen nicht Eigenvermögen des Vorerben, sondern es bleibt bei einer ausgesonderten Vermögensmasse, nämlich der des Nachlasses. Im zweiten Erbfall oder eines durch den Erblasser bestimmten Bedingungseintrittes geht dann der Nachlass auf den Nacherben über.
Verfügen Ehegatten gemeinsam und regeln in einem gemeinschaftlichen Testament, dass sie sich gegenseitig zu Vorerben einsetzen und beispielsweise die gemeinsamen Kinder zu Nacherben, dann ist hierbei folgendes zu beachten: In der Regel überlebt ein Ehegatte, dieser wird Vorerbe des zuvor verstorbenen Ehegatten. Wenn dieser Ehegatte verstirbt, werden die Kinder dann Nacherben des Vermögens des vorverstorbenen Ehegatten. Verstirbt der andere Ehegatte als überlebender Ehegatte, dann tritt für diesen keine Vorerbenregelung ein, da der eingesetzte Vorerbe bereits verstorben ist. In diesem Fall kommt die Vor- und Nacherbfolge nicht zum Tragen. Es stellt sich dann die Frage, ob überhaupt eine erbrechtliche Regelung nach dem überlebenden Ehegatten besteht. Aus dem Testament lässt sich diese nicht herleiten, da Vor- und Nacherbfolge nicht zum Tragen kommt. Es mag eine Auslegung stattfinden, ob im Rahmen der Vor- und Nacherbfolge die Ehegatten dann eine Schlusserbeinsetzung der Kinder gemeint hätten. Hier ist es aber dann der Auslegung vorbehalten und es bedarf des gerichtlichen Verfahrens.
Um diese offene Lücke im Testament zu schließen, bietet sich an, dass die Erblasser eine Regelung treffen, dass die Vor- und Nacherbfolge nur für den vorversterbenden Ehegatten gelten soll und für den überlebenden Ehegatten dieser dann im Rahmen der Schlusserbeinsetzung die Kinder als Schlusserben einsetzt.
Dr. jur. Christian Kasten, eingestellt am 08.03.2024