Vollständige Auskunftserteilung mittels notariellem Nachlassverzeichnis
Der Pflichtteilsberechtigte, der nicht Miterbe geworden ist, hat einen Auskunftsanspruch gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft. Der Grund liegt darin, dass er für die Höhe seines Anspruchs wissen muss, was den Wert des Nachlasses ausmacht. Nach § 2314 BGB hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses über die Nachlassgegenstände und deren Wertermittlung. Der Pflichtteilsberechtigte kann auch verlangen, bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses anwesend zu sein. Die Kosten für das Verzeichnis und die Wertermittlungen werden vom Nachlass getragen.

Das OLG Koblenz hat festgestellt, dass für den Maßstab der Vollständigkeit des Nachlasszeugnisses nicht die Erkenntnismöglichkeit des beauftragten Notars maßgeblich ist, sondern die des zur Erstellung verurteilten Erben. Zudem kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn er schlüssig dargelegt hat, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis unvollständig ist und der Erbe bereits zur Auskunft über den Nachlass verurteilt wurde, die Zwangsvollstreckung betreiben. Der Pflichtteilsberechtigte kann in einem solchen Fall nicht darauf verwiesen werden, dass er zuvor die eidesstattliche Versicherung des Erben über die Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses einzuholen hat.
Quelle: OLG Koblenz, Beschluss vom 30.04.2018 – 1 W 65/18. In: ErbR 2018. S. 402-404, eingestellt am 22.09.2018