Zweifel der Geschäftsfähigkeit und Prüfungspflicht des Notars
Vor dem Landgericht Wuppertal ging es in einer Beschwerde um die Fragestellung, welche Prüfungspflichten die Bundesnotarordnung einem Notar auferlegt, wenn Zweifel an der Geschäftsfähigkeit einer Person bestehen, die eine zuvor erteilte Vollmacht widerruft.

In dem vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin mehreren Personen eine Vorsorgevollmacht in notarieller Form erteilt. Die Bevollmächtigten sollten eine Ausfertigung erhalten, wenn durch ein ärztliches Attest nachgewiesen sei, dass die Beschwerdeführerin und Vollmachtgeberin geschäftsunfähig sei. Gegenüber dem Notar, der die Vorsorgevollmacht ausfertigen wollte, widerrief die Vollmachtgeberin mit notarieller Urkunde die Vollmachten. Der Notar stützte sich bei der Geschäftsunfähigkeit der Vollmachtgeberin auf ein ärztliches Attest, das von einer Allgemeinmedizinerin ausgestellt war und die Geschäftsunfähigkeit bezweifelte, aber nicht diagnostizierte. Aus diesem Grund verweigerte der Notar die Beachtung des Widerrufs der Vollmachtgeberin, die hiergegen Beschwerde einlegte.

Nach § 15 BNotO darf ein Notar eine Beurkundung nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Dies wird mit der herausragenden Bedeutung der notariellen Tätigkeit im Beurkundungsrecht begründet. Diese Norm verpflichtet den Notar aber auch, dass er eigenständige Prüfungshandlungen vornehmen muss, wenn er Zweifel daran hat, dass eine Person geschäftsunfähig ist und deshalb eine Willenserklärung nicht beurkundet werden kann. Das Landgericht Wuppertal führt aus, dass zum Berufsrecht des Notars gehört, dass er sich ein eigenständiges Bild macht und sich nicht allein auf ein ärztliches Attest stützen darf, das lediglich die Geschäftsunfähigkeit anzweifelt. Der Notar hat im Rahmen der eigenen Erkenntnisgewinnung mindestens ein Gespräch mit der beteiligten Person zu führen. Dies hat der Notar im vorliegenden Fall unterlassen, so dass er seine Tätigkeit nicht aufgrund von eigenen Erkenntnissen abgelehnt hat, sondern auf Fremderkenntnissen, die nicht hinreichend genug bestimmt waren. Hat ein Notar Zweifel an der Geschäftsfähigkeit, so hat er dennoch eine Beurkundung vorzunehmen und die begründeten Zweifel in der Urkunde aufzunehmen. Nur wenn für den Notar feststeht, dass die Geschäftsfähigkeit unzweifelhaft gegeben ist, darf er die Beurkundung verweigern.

Das Gericht führt weiter aus, dass allein aufgrund des Alters der Person, die eine Beurkundung wünscht oder der Tatsache, dass diese unter Betreuung steht, nicht auf eine Geschäftsunfähigkeit geschlossen werden kann.
LG Wuppertal, Az. 9 T 132/20, Beschluss vom 19.10.2020, eingestellt am 22.05.2021