Testamentskopie als Nachweis der Erbfolge
Grundsätzlich gilt, dass für die testamentarische Erbfolge das Testament in Originalfassung vorhanden sein muss. Wenn ein Erblasser handschriftlich testiert, so muss die Testamentsurkunde mit Datum und Unterschrift versehen beim Gericht vorliegen, um den Nachweis der Erbfolge führen zu können. Es gibt aber auch Fälle, in denen das Originaltestament nicht auffindbar ist und lediglich eine Testamentskopie vorhanden ist. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob die ursprüngliche Testamentsabfassung in Widerrufsabsicht vernichtet wurde. § 2255 BGB enthält hierzu die Vermutung, dass die Aufhebungsabsicht des Testamentes vorliegt, wenn die Testamentsurkunde vernichtet wurde.
In einem aktuellen Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf lag das Originaltestament nicht vor, die Lebensgefährtin des Erblassers legte allerdings eine Testamentskopie vor. In dem Erbscheinsverfahren und der anschließenden Beschwerde ging es um die Fragestellung, ob die Testamentskopie ausreichend sei, oder ob gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser eintritt.
Im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins nach § 345 FamFG handelt es sich um ein Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Anders als in Verfahren nach der Zivilprozessordnung gilt im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht der Beibringungsgrundsatz, sondern der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG, das heißt, das Gericht hat selbst zu ermitteln und entsprechende Feststellungen zu treffen, ob nach Auffassung des Gerichts die Urkunde ausreichend sei, oder nicht. Vorgetragen wurde beispielsweise durch die gesetzlichen Erben, dass der Erblassers aufgrund des herzlichen Verhältnisses zu seinen Kindern das Originaltestament widerrufen hätte oder aber auch, dass eine Fälschung des Testaments vorlag, da zwei Unterschriften des Erblassers auf dem Testament vorhanden war, Vorder- und Rückseite, und sich daraus ergeben würde, dass eine Fälschung vorliegt.
Der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf begründet seinen Beschluss mit wesentlichen Aspekten, die für vergleichbare Fälle erforderlich sind. Zunächst führt es in Übereinstimmung mit dem Kammergericht aus, dass, sofern ein Originaltestament nicht mehr vorliegt oder verloren gegangen ist, unter Berücksichtigung strenger Anforderungen der Nachweis der testamentarischen Erbfolge auch mittels Kopie geführt werden kann. Der Senat hat in seiner Anhörung der Beteiligten auch die Lebensgefährtin angehört, die emotional geschildert hat, wie der Erblasser ihr kurz vor seinem Tod mitgeteilt habe, wo sich das Testament befinde und dass dieses beim Nachlassgericht einreichen soll. Der Senat hatte keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Lebensgefährtin. Er führt auch aus, dass er nicht davon ausgeht, dass es sich um eine Fälschung bei dem Testament handelt, da dies komplex geschrieben wurde und die Lebensgefährtin, der eine Fälschungsabsicht von den gesetzlichen Erben unterstellt wurde, lediglich einen kleinen Anteil der Erbschaft erhält. Der Senat führt aus, dass die Vermutung bestehen würde, dass derjenige, der in Fälschungsabsicht handelt, sich mehr als nur einen kleinen Anteil des Vermögens des Erblassers zusprechen würde. Auch die unterschiedlichen Unterschriften auf der Vorder- und Rückseite lassen nicht den Schluss auf eine Fälschung zu. Gerade die Unterschiedlichkeit deute eher darauf hin, dass sie vom Erblasser selbst stammen. Schließlich kommt ein wesentlicher Aspekt zum Tragen, den der Senat aus der eigenen Erfahrungen in nachlassgerichtlichen Angelegenheiten anführt: Testamente werden nach Auffassung des Senates auch bei Veränderungen der Lebenssituation nicht unbedingt immer angepasst, sondern können auch weiter Bestand haben, selbst wenn sich die zugrundeliegenden Verhältnisse geändert haben.
OLG Düsseldorf, Az. III 3 Wx 151/20, Beschluss vom 12.03.2021, eingestellt am 08.07.2021