Zur Vorlage von Krankenunterlagen im gerichtlichen Verfahren
In Erbstreitigkeiten kommt es häufiger vor, dass an der Testierfähigkeit des Erblassers gezweifelt wird. Ob eine Testierunfähigkeit des Erblassers tatsächlich vorliegt, kann nur mittels fachpsychiatrischer Gutachten festgestellt werden.

In der Regel ist bei Testamentserrichtung kein fachpsychiatrisches Gutachten des Erblassers vorhanden. Befindet sich der Erblasser jedoch bei Testamentserrichtung in einem Zustand, der Zweifel an seiner Testierfähigkeit begründet, kann auf gerichtliche Anordnung nach § 142 Abs. 1 S. 1 ZPO auch die Anordnung der Vorlage von Urkunden und damit von Krankenakten oder Krankheitsunterlagen im Gerichtsverfahren durch das Gericht angeordnet werden. Die Vorlage kann sich gegen jeden richten, der diese Unterlagen hat, damit auch gegen Ärzte oder Krankenhäuser.

Das OLG Hamm hat in einer aktuellen Entscheidung beschlossen, dass ein Krankenhausträger sich nicht allein auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann, da dem Krankenhaus keine Entbindung von der Schweigepflicht vorliegt. Das Oberlandesgericht Hamm führt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Az.: IVa ZB 18/83, Beschluss vom 04.07.1984 aus, dass es für die Fragestellung, ob ein Arzt von seiner Schweigepflicht durch den Erblasser und damit den Parteien entbunden wurde, auf den tatsächlich erklärten Willen des Erblassers ankommt. Auch der mutmaßliche Wille des Erblassers kann hierfür entscheidend sein. Der Bundesgerichtshof und das OLG Hamm führen aber aus, dass wenn kein erklärter Wille des Erblassers vorliegt, es im mutmaßlichen und wohlverstandenen Interesse des Erblassers ist, dass Zweifel an seiner Testierfähigkeit ausgeräumt werden. Der Grund ist darin zu sehen, dass es grundsätzlich der Wille des Erblassers ist, den von ihm verfügten Willen umgesetzt zu wissen. Sollten Zweifel an seiner Testierfähigkeit bestehen, so sollten diese durch die Vorlage der Krankenhausakten oder Patientenakten ausgeräumt werden.
OLG Hamm, Az.: I-10 W 3/23, Beschluss vom 16.02.2023, eingestellt am 01.06.2024