Zur Frage der Abstammung von Kindern aus gleichgeschlechtlichen Beziehungen
Aktuell liegen zwei Entscheidungen zur Abstammung vor, die sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit § 1592 BGB und § 1600 d Abs. 4 BGB verfassungsrechtlich vereinbar sind.

In der ersten Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle kommt das Oberlandesgericht Celle in einem Vorlagebeschluss zu dem Ergebnis, dass § 1592 BGB abstammungsrechtlich nicht mit Art. 6 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, da es nicht die Eintragung zweier Mütter als Eltern des Kindes ermöglicht. In dem vorliegenden Fall ist das Kind aus einer gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen durch anonyme Embryospende hervorgegangen. Während die Frau, die das Kind zur Welt gebracht hat Mutter nach § 1591 BGB ist, kann die Ehefrau nach § 1592 BGB nicht Mutter des Kindes sein. Das Oberlandesgericht Celle führt weiter aus, dass eine verfassungskonforme oder analoge Auslegung des § 1592 Nr. 1 BGB nicht möglich ist, da die Gesetzessystematik dies nicht hergibt. Da auch die Mitmutter vom Schutzbereich des Elternrechts, das sich aus Art. 6 Abs. 2 GG herleiten lässt, mit umfasst ist, verstößt hier die Nichteintragungsmöglichkeit der Mutter ins Abstammungsregister gegen das Grundgesetz.

In einer weiteren Entscheidung kommt das Kammergericht zu der Auffassung, dass § 1600d Abs. 4 BGB nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, da das Kind, das aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangen ist und in eine gleichgeschlechtliche Ehe hineingeboren wurde, rechtlich nur einen Elternteil hat, ohne dass die andere Mutter als Mitmutter eingetragen wird. Der Grund liegt darin, dass § 1600 d Abs. 4 BGB lediglich die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft, nicht jedoch der Mutterschaft kennt.

Praxishinweis: Nach bisheriger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass eine Mitmutterschaft nach deutschem Recht nicht vorgesehen ist, BGH NJW2019,153. Aus erbrechtlicher Sicht kann die Erbenstellung des Kindes gegenüber der Mitmutter nur durch Annahme des Kindes erfolgen.

Die dargestellten Entscheidungen sind rein zivilrechtliche Entscheidungen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierüber noch abschließend zu entscheiden. Sollte das Bundesverfassungsgericht die Auffassung der beiden Gerichte teilen, so wäre das Abstammungsrecht entsprechend anzupassen.
OLG Celle, Az.: 21 UF 146/20, Vorlagebeschluss vom 24.03.2021 und Kammergericht, Az.: UF 11 22/20, Vorlagebeschluss vom 24.03.2021, eingestellt am 08.06.2021