Testierunfähigkeit und abweichende Schreibweise und Ausdrucksweise der Erblasserin
Für die gesetzlichen Voraussetzungen der Testamentserrichtung ist es erforderlich, dass der Testierende geschäftsfähig ist und im Rahmen der Geschäftsfähigkeit testierfähig ist und damit weiß, dass er eine Erklärung von Todes wegen abgibt, in der er über sein Vermögen verfügt, darüber hinaus bedarf es, wenn ein handschriftliches Testament vorliegt, der Abfassung dieses Testaments vollumfänglich in Handschrift und das Testament ist mit Datum zu versehen und zu unterzeichnen.

Im Erbscheinsverfahren geht es häufig bei betagten Erblassern um die Fragestellung, ob ein Testament, das handschriftlich verfasst war, noch im Rahmen einer Testierfähigkeit erfolgt ist. Hierfür bedarf es der Feststellung der Testierfähigkeit durch ein fachpsychiatrisches Gutachten.

Vor dem Amtsgericht Bamberg ging es bei einem handschriftlich verfassten Testament um die Fragestellung, ob die Erblasserin zum einen noch testierfähig war und ob ihr das Testament möglicherweise diktiert wurde. Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige, lebte mit einem polnischstämmigen Mann zusammen und das Testament, das sie zwar formgültig handschriftlich verfasst hatte, war in gebrochenem Deutsch abgefasst.

Das Gericht kam in der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der festgestellten Demenz der Erblasserin und der Tatsache, dass das Testament nicht der Ausdrucksweise der Erblasserin entsprach, zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin nicht mehr in der Lage war, handschriftlich selbst zu testieren, sie war testierunfähig und das Testament wurde ihr in die Feder diktiert.

Aus diesem Grund wurde nicht der polnischstämmige Lebensgefährte Erbe nach der Erblasserin, sondern deren gesetzliche Erben.
AG Bamberg, Az. RV 56 VI 1518/21, Beschluss vom 02.08.2022, eingestellt am 15.02.2023