Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses und die Vollstreckung gegen den Schuldner
Im Pflichtteilsrecht hat derjenige, der pflichtteilsberechtigt ist und enterbt wurde, einen Auskunftsanspruch gegen den Erben. Diesen Auskunftsanspruch kann er mit dem Nachlassverzeichnis einholen, um sich einen Überblick über den Inhalt des Nachlasses zu verschaffen. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass dieses Nachlassverzeichnis durch einen Notar erstellt wird. Kommt der Erbe der Aufforderung nicht nach, ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen, so hat der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit, dieses gerichtlich einzufordern. Kommt der Erbe wiederum der Erstellung nicht nach, so besteht die Möglichkeit bei Vorliegen eines gerichtlichen Titels zur Auskunftserteilung, gegen den Erben Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Die Zwangsvollstreckung richtet sich in dem Falle nach § 888 ZPO.

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ging es in einem aktuellen Verfahren um die Frage, inwieweit gegen einen Dritten vorgegangen werden kann, wenn die Pflicht zur Erteilung eines Nachlassverzeichnisses besteht. In dem vorliegenden Fall stand die Erbin unter Betreuung, sodass der Betreuer im Rahmen der Vermögenssorge für die Bereitstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses verantwortlich war. Der Betreuer hätte den Notar diesbezüglich beauftragen müssen. In dem Verfahren wurde deutlich, dass es zwar Gespräche mit einem Notar gegeben hat, der Betreuer jedoch nie tatsächlich ein notarielles Nachlassverzeichnis beauftragt und vorgelegt hat.

In dem Verfahren hat das OLG Stuttgart entschieden, dass auch gegenüber Dritten eine titulierte unvertretbare Handlung mit Zwangsmitteln abgefordert werden kann, wenn diese Person nicht nachweisen kann, dass sie intensive Bemühungen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht erbracht hat.

Dieser Beschluss hat für die erbrechtliche Praxis insbesondere dahingehend Bedeutung, dass es immer wieder vorkommt, dass Erben unter Betreuung stehen oder aber auch Erben minderjährig sind und in solchen Fällen gegen die Betreuer oder gesetzlichen Vertreter der Minderjährigen vorgegangen werden muss.
OLG Stuttgart, Az.: 19 W 72/18, Beschluss vom 18.11.2019, eingestellt am 15.04.2020