Zur Frage eines Sorgerechtsentzugs in einem Erbscheinsverfahren
Dem Oberlandesgericht Nürnberg lag die Beschwerde gegen einen nicht erteilten Erbschein vor. Die Mutter und Antragstellerin des Erbscheins hatte beantragt, dass nach dem Tod der eigenen Mutter und der testamentarischen Verfügungen, dass sie als Antragstellerin Erbe nach der Mutter werden sollte und auch die gemeinsamen Töchter Erben nach der Großmutter werden sollten, einen Erbscheinsantrag für sich und die beiden Töchter gestellt.

Im Erbscheinsverfahren hatte der Rechtspfleger dann der Mutter die Vertretungsmacht entzogen, diesen Antrag zu stellen, da er einen Interessenkonflikt hinsichtlich der Bestellung von Mutter und Töchtern gesehen hat. Dies wurde damit begründet, dass nicht genau feststand, wie hoch der Erbanspruch der Enkeltöchter sein würde, da dies wiederum im Verhältnis zum Erbe der Mutter stünde.

Die Vertretungsmacht für vermögensrechtliche Angelegenheiten mit einer Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers richtet sich nach den Vorschriften der §§ 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB i.V.m. § 1796 Abs. 2 BGB. Nach diesen Vorschriften ist einem Elternteil nur dann das Sorgerecht zu entziehen, wenn das Interesse des Kindes zu dem gleichen Interesse des Elternteils in einem erheblichen Gegensatz besteht und dadurch eine Interessenkollision auftreten kann. Ein solcher Interessengegensatz kann darin gesehen werden, wenn das eine Interesse nur auf Kosten des Interesses des anderen durchgesetzt werden kann.

Das Oberlandesgericht Nürnberg kommt in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass allein in der beteiligten Erbenstellung ein Interessensgegensatz nicht gesehen werden kann, der eine Entziehung der elterlichen Sorge für Vermögensangelegenheiten des ererbten Vermögens betrifft, da die Mutter gegenüber dem Gericht erklärt hat, dass sie die Vermögenssorge der Kinder im wohlgemeinten Interesse der Erbauslegung nach ihrer eigenen Mutter vornehmen würde.
Aus diesem Grund ist eine Entziehung der Vermögenssorge eines Elternteils im Erbscheinserteilungsverfahrens nicht gegeben.
OLG Nürnberg, Az.: 7 WF 434/22, Beschluss vom 20.06.2022, eingestellt am 08.01.2023