Testierwille oder lediglich Testamentsentwurf
Im Rahmen der Testamentserrichtung muss der Erblasser für die Wirksamkeit des Testaments einen Testierwillen haben. Er muss also zum Ausdruck bringen, dass er mit dem Dokument seinen letzten Willen regeln möchte und nicht nur sich Gedanken über seinen möglichen letzten Willen macht.

Das Oberlandesgericht Hamm hatte in einem Sachverhalt, in dem der Erblasser in einer Mappe mit der Aufschrift „Testament“ ein notarielles Testament abgelegt hatte und insgesamt weitere Schriftstücke, die der Erblasser auf der Rückseite von Werbeunterlagen verfasst hatte, und von denen eines mit der Aufschrift „Testamentsveränderung“ versehen war auszulegen, ob es sich hierbei um ein weiteres Testament handeln würde.

Das Dokument vom 07.10.2016 mit der Aufschrift „Testamentsänderung“ nimmt Bezug auf ein notarielles Testament, ist insgesamt mit Bleistift abgefasst, von der Hand des Erblassers geschrieben und auch mit der Unterschrift versehen. Insgesamt wertete das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung dieses Testament jedoch nicht als Testament, da dem Oberlandesgericht Hamm bei der Errichtung der Testierwille des Erblassers fehlte.

Das nach Sachverhaltsschilderung vorgelegte Testament ist mit Datum versehen, zeugt davon, dass ein bestehendes Testament geändert werden soll, ist insgesamt eigenhändig geschrieben und unterschrieben. Damit erfüllt dieses Testament die Anforderungen, die das Gesetz an ein eigenhändiges Testament nach § 2247 BGB stellt. Dass dieses Testament ggf. einen Ergänzungsvorbehalt hatte, da es Lücken aufwies, die vom Erblasser nicht mehr gefüllt wurden, ändert an der Tatsache nichts, dass dieses Testament den Anforderungen des Gesetzes genügt, da auch § 2086 BGB das Recht auf Ergänzungsvorbehalt kennt und eine Verfügung von Todes wegen wirksam ist, es sei denn, es kann angenommen werden, dass die Wirksamkeit des Testaments von der Ergänzung abhängig sein soll.

Praxishinweis:
Die Entscheidung des OLG Hamm macht deutlich, dass nicht immer ein Testament, das den gesetzlichen Anforderungen an das Testament genügt, von einem Gericht im Rahmen des Erbscheinverfahrens auch anerkannt wird. Letztlich schreibt das Gericht nicht vor, dass man auf sauberem Papier mit einem ordentlichen Stift sein Test schreiben muss. Aus diesem Grund ist es grundsätzlich möglich, auch auf einem Zettel mit Bleistift seinen letzten Willen niederzulegen, das Gericht fordert hier keine besondere Qualität. Die Entscheidung macht aber deutlich, dass solche Testamente negativ von Gerichten bewertet werden können, selbst wenn das Gesetz hierzu keinen Anlass gibt. Das Risiko der Nichtakzeptanz eines Testamens, das auf ungewöhnlichen Papieren mit nicht dokumentenechten Schreibmaterialien abgefasst wird, geht zu Lasten des Testierenden.
OLG Hamm, Az.: 10 W 18/21, Beschluss vom 15.06.2021, eingestellt am 30.06.2023