Zur Auslegung der Formulierung „gleichzeitiges Versterben“ in einem gemeinschaftlichen Testament
In einem Erbscheinverfahren, das im Rahmen der Beschwerde vor dem OLG Brandenburg geführt wurde, ging es um die Auslegung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments. In diesem gemeinschaftlichen Ehegattentestament führten die Ehegatten insbesondere aus, wer im Fall des „gleichzeitigen Versterbens“ Erbe nach den Eheleuten und damit Schlusserbe werden würde.
Die Ehegatten verstarben nicht zeitgleich, sondern mit zeitlichem Abstand. Während der Ehemann bereits im Jahre 2011 verstarb, verstarb die Ehefrau erst in 2018. Die Frage, die sich dabei stellte war, ob gleichzeitiges Versterben mit zeitgleichem Versterben gleichzusetzen ist, oder ob gleichzeitiges Versterben auch bedeutet, dass zwischen den einzelnen Todesfällen ein längerer Zeitraum bestehen kann. Das Oberlandesgericht führte im Rahmen der Entscheidung die allgemeinen Grundsätze zur Testamentsauslegung an. Danach geht es bei der Auslegung eines Testaments darum, den wirklichen Willen des jeweiligen Erblassers zu erforschen. Ausgangslage ist jeweils der Wortlaut des Testaments. Der Wortlaut an sich ist jedoch nicht bindend. Es muss vielmehr geklärt werden, was der Wortsinn der vom Erblasser genutzten Ausdrücke ist, um festzustellen, was der Erblasser mit den Formulierungen ausdrücken und testieren wollte. Maßgeblich ist aus diesem Grunde allein das subjektive Verständnis der vom Erblasser verwendeten Begriffe. Zur Ermittlung des subjektiven Verständnisses ist nicht nur der gesamte Inhalt des Testaments heranzuziehen, sondern auch alle Nebenumstände, auch solche, die außerhalb des jeweiligen Testaments liegen. Des Weiteren gehören zur Auslegung auch das Verhalten des Erblassers, von ihm getätigte Äußerungen oder auch Handlungsweisen. Wichtig ist bei der Auslegung des Willens des Erblassers, dass es für die Auslegung Anhaltspunkte im Testament gibt. Sie müssen sozusagen andeutungsweise vorhanden sein.
Nach dieser Auslegung kommt das OLG Brandenburg zu dem Schluss, dass gleichzeitiges Versterben so auszulegen ist, dass auch ein erheblicher zeitlicher Abstand des Todes der Ehegatten unter den Begriff des gleichzeitigen Versterbens fällt, da sich aus der Auslegung des Testaments Hinweise dafür gaben, dass die Schlusserbenstellung auch für diesen Fall gewollt ist.
OLG Brandenburg, Az.: 3 W 29/19, Beschluss vom 14.05.2019, eingestellt am 08.08.2019