Pflichtteilsergänzungsanspruch

Um zu verhindern, dass das Pflichtteilsrecht eines Pflichtteilsberechtigten durch Verfügung des Erblassers zu Lebzeiten ausgehöhlt wird, steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Versucht also der Erblasser den Nachlass durch Schenkungen, Spenden oder anderweitig zu verringern, so kann der Pflichtteilsberechtigte hierfür einen Ausgleich in Form der Pflichtteilsergänzung verlangen. Das Gesetz gibt dem Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch in Höhe des Betrages, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand zum Nachlass hinzugerechnet wird.

Um ein Beispiel zu nennen: Der Nachlass des V hat einen Wert von 100.000 Euro. A hat einen Pflichtteilsanspruch von ¼ und würde so einen Anspruch auf 25.000 Euro haben. Kurz vor seinem Tod hat Erblasser V dem B 100.000 Euro geschenkt. Rechnet man nun die Schenkung an B zum Nachlass hinzu, wäre der Nachlasswert 200.000 Euro und der Ergänzungsanspruch des A beliefe sich auf 25.000 Euro, so dass er am Ende ¼ von 200.000 Euro erhält.

Dies ist allerdings ein sehr einfaches Beispiel für das komplexe Pflichtteilsergänzungsrecht. So muss man bei Schenkungen beachten, dass Anstands- und Pflichtschenkungen keinen Einfluss auf den Pflichtteil haben, Schenkungen zwischen Eheleuten im Sinne der unbenannten Zuwendung unter Ehegatten bei objektiver Unentgeltlichkeit einer ehelichen Zuwendung aber schon. Auch bei gemischten Schenkungen stellt sich die Frage, welcher Teil unentgeltlich sein soll und deshalb in Ansatz zu bringen ist, und welcher Teil für eine Gegenleistung erfolgt ist. Dies kann insbesondere bei der Übertragung von Immobilien für Pflegezwecke eine schwierige Frage sein. Zu beachten ist bei Schenkungen zudem, wann diese gemacht wurden und mit welchem Wert und Zeitpunkt sie zum Ansatz gebracht werden. So kommen verbrauchbare Sachen wie Geld oder Wertpapiere stets mit dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung zum Ansatz, selbst wenn es danach Kursverluste oder Gewinne oder Inflationsverluste gibt. Immobilien kommen mit dem Wert zum Ansatz, den sie zum Zeitpunkt des Erbfalls hatten, es sei denn, dass der Wert im Zeitpunkt der Schenkung niedriger war (Niederstwertprinzip). Daneben gilt das sogenannte Abschmelzungsmodell, das für jedes Jahr, das zwischen Schenkung und Erbfall vergangen ist, den Wert der geschenkten Sache um 10% reduziert, so dass nach 10 Jahren nichts mehr in Ansatz gebracht wird und die Schenkung für den Pflichtteilsanspruch unberücksichtigt bleibt (Abschmelzungsmodell). Wesentlich bei der Bestimmung, ob eine Abschmelzung vorgenommen wird, ist allerdings, ob tatsächlich im Rahmen der Schenkung eine Leistung im Sinne einer Besitz- oder Nutzungsaufgabe des Schenkers erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, findet keine Abschmelzung statt. Dies ist insbesondere bei Nießbrauchs- und Wohnrechtsvereinbarungen bei Immobilienübertragungen stets genau zu prüfen.

Für Schenkungen an den Ehegatten beginnt der Lauf der 10-Jahresfrist erst mit Auflösung der Ehe durch rechtskräftige Scheidung oder aber mit dem Tod des Ehegatten. Das bedeutet im Fall der Auflösung der Ehe durch den Tod, dass alle Schenkungen, unabhängig davon, wann diese in der Ehe gemacht wurden, pflichtteilsergänzend sein können

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