Zur Frage der Betreuungsgebühr bei einem Behindertentestament
Das sogenannte Behindertentestament ist ein rechtlich anerkanntes Testament, bei dem Eltern eines behinderten Kindes für dieses Kind lediglich Vor- und Nacherbfolgeregelungen treffen, das Kind ist in dem Fall unbefreiter Vorerbe und Nacherben werden andere Personen, daneben wird eine Dauertestamentsvollstreckung für die Vorerbschaft eingerichtet. Mit dieser Konstruktion soll erreicht werden, dass dem behinderten Kind Vermögen zufließt, es gleichzeitig nicht als enterbt gilt, so dass keine Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche des Sozialleistungsträgers gegen das Kind erhoben werden können. Da in solchen Fällen in der Regel auch ein Betreuungsverhältnis gegeben ist, das neben der Testamentsvollstreckung existiert, stellt sich immer wieder die Frage, welche Werte für die Betreuung als Vermögenswerte des behinderten Kindes zugrunde gelegt werden können.

In einem Verfahren vor dem OLG Nürnberg ging es genau um diese Fragestellung und das OLG Nürnberg leitet in seiner Entscheidung ab, dass eine Differenzierung des Wortlautes nicht gerechtfertigt ist, wonach Vermögen nur tatsächlich das Vermögen wäre, über das der behinderte Vorerbe verfügen kann. Der Vermögensbegriff im Erbrecht unterscheidet diesbezüglich nicht, der Vorerbe ist „echter Erbe.“ Zwar findet im Rahmen der Verteilungslösung keine Vereinheitlichung der Vermögen des Vorerben mit dem Eigenvermögen statt, dennoch ist es Vermögen, über das verfügt werden kann oder das zumindest genutzt werden kann. Aus diesem Grund ist sämtliches Vermögen des behinderten Kindes im Rahmen der Betreuung für den Kostenansatz zu berücksichtigen und hierunter fällt auch das Vermögen, das im Rahmen eines Behindertentestaments erlangt wird, selbst wenn dies unter Testamentsvollstreckung steht.
OLG Nürnberg, Az.: 8 W 1738/21, Beschluss vom 17.08.2021, eingestellt am 30.11.2021