Ein rechtskräftiges Versäumnisurteil, das im Erbunwürdigkeitsverfahren ergangen ist, entfaltet Bindungswirkung
Vor dem Oberlandesgericht Köln ging es in einem erbrechtlichen Rechtsstreit um die Fragestellung, ob die Tochter des Erblassers Alleinerbin geworden ist.

Die Ehefrau des Erblassers hatte fünf Wochen nach dem Tod des Erblassers ein handschriftliches Testament beim Nachlassgericht eingereicht. Hiergegen hatte die Tochter des Erblassers eine Feststellungsklage auf Erbunwürdigkeit beim Landgericht eingereicht. Es wurde vorgetragen, dass die Ehefrau des Erblassers dessen Post über Jahre geregelt hat und hierfür Blankobögen in unterschriebener Form des Erblassers vorliegen hatte. Es wurde vorgetragen, dass die Ehefrau das Testament eigenhändig geschrieben hat, und zwar auf einem Blankobogen des Vaters, so dass dessen Unterschrift vorhanden war. Gegen die Feststellungklage hatte sich die Ehefrau des Erblassers nicht verteidigt, so dass gegen sie ein Versäumnisurteil ergangen ist.

Aufgrund des rechtskräftig gewordenen Versäumnisurteils aus einer Feststellungklage sah es im Erbscheinsverfahren das Amtsgericht als erwiesen an, dass die Tochter nunmehr Alleinerbin ist. Gegen die Beantragung des Erbscheins wendete sich die Ehefrau.

Die Beschwerde beim Oberlandesgericht Köln führte zu dem Ergebnis, dass die Bindungswirkung aus dem Versäumnisurteil auf Feststellungsklage auf Erbunwürdigkeit in formeller und materieller Rechtskraft erwachsen ist. Aus diesem Grund ist die Ehefrau des Erblassers als erbunwürdig festgestellt anzusehen. Es waren auch keine Gründe ersichtlich, weswegen die Tochter in sittenwidriger Weise ein Versäumnisurteil gegen die Ehefrau des Erblassers erwirkt hat, so dass die Voraussetzungen nach § 826 BGB hätten vorliegen können. Die Ehefrau, die angab, dass sie nach dem Tod des Ehemannes traumatisiert war und über Monate keine Gerichtspost geöffnet hat, war nach Überzeugung des Gerichts aber auch in der Lage, ein Testament beim Gericht einzureichen, so dass hier keine Sittenwidrigkeit zu sehen ist und aufgrund der formellen und materiellen Rechtskraft des Versäumnisurteils das Amtsgericht an das Urteil gebunden war und den Erbschein auf die Tochter auszustellen hatte.
OLG Köln, Az: 2 Wx 72/22, Beschluss vom 27.04.2022, eingestellt am 15.11.2022