Pflichtteilsquote und Erbverzicht
Wird ein Pflichtteilsberechtigter durch testamentarische Verfügung enterbt, so steht ihm der Pflichtteilsanspruch zu. Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören beispielsweise Ehegatten oder Kinder. Sollte der Erblasser kinderlos versterben, gehören zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten auch die Eltern, sollten diese zum Zeitpunkt des Todesfalles noch leben.

Die Pflichtteilsquote bestimmt sich nach § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB und beläuft sich auf die Hälfte des Wertes, den der enterbte Pflichtteilsberechtigte im Fall der gesetzlichen Erbfolge erhalten würde. Erhält er beispielsweise im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge 50 % des Nachlasses, so beträgt die Pflichtteilsquote davon die Hälfte und damit 25 % des Nachlasswertes.

Um die Pflichtteilsquote und den gesetzlichen Erbteil bestimmen zu können, werden nach § 2310 BGB all diejenigen mitgezählt, die im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigt wären. Nicht hinzugezählt werden diejenigen, die ihren Erbverzicht wirksam erklärt haben, § 2310 Satz 2 BGB.

Vor dem Oberlandesgericht Köln ging es im Rahmen einer Pflichtteilsstreitigkeit darum, ob die Beklagte, die im Jahr 1985 ihren Erbverzicht erklärt hatte, durch notarielles Testament der Erblasserin jedoch zur Alleinerbin eingesetzt wurde, im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge für die Pflichtteilsquotenberechnung mit zu berücksichtigen wäre oder nicht.

Das Oberlandesgericht Köln führt aus, dass ein Erbverzicht, durch notariellen Vertrag wieder aufgehoben werden kann. Ein notarielles Testament, das ohne Hinzuziehung des Erbverzichtenden und auch ohne hinreichende Anhaltspunkt, die darauf hindeuten, dass der Erbverzicht durch notarielles Testament aufgehoben werden sollte und dadurch die Berücksichtigung des Verzichtenden, der Alleinerbe nach dem Testament wird, in der gesetzlichen Erbfolge nicht zu berücksichtigen wäre, gab es in dem vorliegenden Testament jedoch nicht. Aus diesem Grund kommt das Oberlandesgericht Köln zu dem richtigen Ergebnis, dass die Erbverzichtende Beklagte in der Pflichtteilsberechnung der Klägerin nicht zu berücksichtigen sei. Obwohl die Beklagte nach dem notariellen Testament Alleinerbin geworden ist und ihr 100 % des Nachlasses zustehen, wäre im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge aufgrund ihres Verzichts die Schwester Alleinerbin geworden. Aus diesem Grund steht ihr ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 50 % am Nachlass zu.
OLG Köln, Az.: 24 U 48/20, Urteil vom 21.01.2021, eingestellt am 01.11.2021