Akteneinsicht in das Grundbuch und die Grundakten
In erbrechtlichen Streitigkeiten, in denen auch Immobiliarvermögen vererbt wird, ist es insbesondere für den Pflichtteilsberechtigten von Bedeutung, Einsicht in das Grundbuch und die dazugehörigen Grundakten nehmen zu dürfen. Aus den Grundakten ergeben sich die Verträge, die für die Eintragung von Grundbucheinträgen die Grundlage bilden. Die Grundbuchordnung trifft in § 12 Regelungen, wer ein berechtigtes Interesse hat, Einsicht in die Grundakten und ins Grundbuch zu nehmen.
Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ging es in einem aktuellen Verfahren darum, ob auch der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse hat, Akteneinsicht zu nehmen. Der Pflichtteilsberechtigte hatte beim Grundbuchamt Akteneinsicht in das Grundbuch und in die Grundakten für Nachlassimmobilien gefordert; diese wurden ihm allerdings verwehrt, da das berechtigte Interesse abgelehnt wurde. Hiergegen erhob der Pflichtteilsberechtigte Beschwerde und das Oberlandesgericht Frankfurt führt in seinem Beschluss aus, dass auch der Pflichtteilsberechtigte zur Prüfung etwaiger erbrechtlicher Ansprüche und der sich daraus ergebenden Pflichtteilsergänzungsansprüche ein berechtigtes Interesse hat, Einsicht ins Grundbuch und in die Grundakten nehmen zu können. Dieses berechtigte Interesse geht soweit, dass ihm die Einsicht auch dann zu gewähren ist, wenn mittlerweile ein Dritter oder aber auch der Erbe als Rechtsnachfolger des Erblassers im Grundbuch eingetragen ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt führt weiter aus, dass der Pflichtteilsberechtigte in diesem Fall nicht darzustellen hat, woraus er seine Ansprüche konkret ableitet. Zudem führt das Oberlandesgericht aus, dass das Grundbuchamt nicht aus eigener Prüfung meint die Akteneinsicht verwehren zu können, da es der Ansicht ist, dass eine Teilunentgeltlichkeit oder eine Unentgeltlichkeit des Übertragungsgeschäfts des Grundstücks gegeben ist. Dies obliegt nicht der Beurteilung des Grundbuchamtes, sondern der Pflichtteilsberechtigte hat ein eigenständiges Prüfungsrecht, das ihm zu gewähren ist. Nur durch die Einsicht in die zugrundeliegenden Kaufverträge ist es ihm möglich, seine Ansprüche selbst überprüfen zu können. Etwaige entgegenstehende Interessen des Grundstückseigentümers müssen bei dieser Abwägung der Interessen zurückstehen.
OLG Frankfurt/Main, Az.: 20 W 80/20, Beschluss vom 21.07.2020, eingestellt am 15.05.2021