Zur Passivlegitimation des Nachlasspflegers im streitigen Verfahren
Die Passivlegitimation bezeichnet die Fähigkeit im gerichtlichen Verfahren verklagt werden zu können. Passivlegitimiert ist also derjenige, gegen den sich Forderungen von Klägern richten können. Ob das bei einem Nachlasspfleger der Fall ist, ist streitig. Der Nachlasspfleger wird vom Gericht immer dann eingesetzt, wenn die Erben unbekannt sind. Aufgabe des Nachlasspflegers ist dann die Verwaltung des Nachlasses. Richten sich Forderungen gegen den Nachlass, so ist die Passivlegitimation des Nachlasspflegers nur in Ausnahmefällen gegeben, da es nicht Aufgabe des Nachlasspflegers ist, Forderungen von Gläubigern zu bedienen. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Erhaltung des zu betreuenden Nachlasses geboten ist. Da der Nachlasspfleger die unbekannten Erben vertritt, haben sich Klageforderungen im Rechtsstreit grundsätzlich gegen die unbekannten Erben, vertreten durch den Nachlasspfleger, zu richten. Eine selbständige Befugnis, den Nachlasspfleger in Anspruch zu nehmen besteht nicht, da der Nachlasspfleger gerade nicht Erbe ist.
Im Rahmen der Aktivlegitimation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Nachlasspfleger sowohl für die unbekannten Erben als auch im eigenen Namen Klage erheben kann. Die Fähigkeit im eigenen Namen Klage zu erheben ist dem Umstand geschuldet, dass bei einem sogenannten „In-Sich-Geschäft“, also ein Geschäft, das der Vertreter im eigenen Namen für den Vertretenen mit sich selbst vornimmt, die Gefahr besteht, dass der Nachlasspfleger selbst ein unbekannter Erbe sein könnte und damit gegen sich selbst ein Verfahren führt. Damit dies ausgeschlossen ist, kann der auf Vorsicht bedachte Nachlasspfleger aktivlegitimiert im eigenen Namen gegen Schuldner des Erblassers vorgehen.
OLG Schleswig, Az.: 3 U 14/21, Urteil vom 30.11.2021, eingestellt am 14.06.2022