Testamentarische Auflagen, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind nichtig
Der Erblasser hat die Möglichkeit, im Testament nicht nur Erben einzusetzen, sondern er kann beispielsweise auch Auflagen und Vermächtnisse sowie die Testamentsvollstreckung anordnen.

Die Verfügung von Auflagen ist Teil der grundgesetzlich geschützten Testierfreiheit nach Art. 14 GG. Dem Erblasser wird bei der Verfügung von Auflagen ein großer Spielraum eingeräumt, lediglich ein Verstoß gegen die guten Sitten schränkt hier die Möglichkeit des Erblassers ein. Es kommt also nicht darauf an, ob die Auflagen unsinnig oder sinnfrei sein mögen, sondern darauf, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten ist. Dies ergibt sich aus §§ 1940, 2192 i.V.m. §§ 2171, 138 (analog) BGB. Ob eine verfügte Auflage gegen die guten Sitten verstößt, ist eine Betrachtung des Einzelfalls.

Eine solche Einzelfallbetrachtung hatte das Landgericht Bochum vorzunehmen, nachdem die Erblasserin der Erbin ein Grundstück vererbt hatte, jedoch unter Testamentsvollstreckung die Auflage erteilt hat, dass der Lebensgefährte der Erbin, mit dem diese seit über 10 Jahren zusammenlebt, das Grundstück nicht betreten darf. Sollte er doch das Grundstück betreten, so wäre die an die Erbin gefallene Immobilie zu verkaufen.

Das Landgericht Bochum kommt in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass die streitige Auflage im Ergebnis lediglich das Ziel verfolgt, die nichteheliche Beziehung zwischen der Erbin und ihrem Lebensgefährten zu erschweren oder sogar zu unterbinden, da ihr das Leben mit ihrem Lebensgefährten in der eigenen Wohnung verwehrt wird. Dieser durch die Auflage resultierende Zwang, der dazu führt, dass bei einem Verstoß die Immobilie zu veräußern wäre, ist mit dem Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden, dem maßgeblichen Kriterium für die Sittenwidrigkeit nicht in Einklang zu bringen, weshalb die Auflage sittenwidrig ist und rechtlich nicht durchzusetzen ist.
Landgericht Bochum, Az.: 8 O 486/20, Urteil vom 04.06.2021, eingestellt am 22.08.2022