Die Aussage in einem Testament, „der Erbanspruch ist verwirkt“, führt nicht automatisch zur Entziehung des Pflichtteils
In einem handschriftlichen Testament hatte der Erblasser verfügt, dass eines seiner Kinder Alleinerbe wird, während das andere Kind enterbt wurde. Die Enterbung wurde auf ein nicht näher begründetes strafrechtliches Verhalten des Kindes gestützt und der Erblasser vertrat im Testament, dass dieses Kind seines Erachtens „seinen Erbanspruch verwirkt“ habe.
Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ging es um die Auslegung des Testaments, ob in den Formulierungen des Erblassers nicht nur die Enterbung enthalten sei, sondern auch die Pflichtteilsentziehung nach § 2333 BGB.
Wird ein Kind als Abkömmling eines Erblassers enterbt, so steht ihm grundsätzlich das Pflichtteilsrecht zu. Das Pflichtteilsrecht kann jedoch nach § 2333 BGB unter bestimmten Voraussetzungen verwirkt sein. Zu diesen Verwirkungsgründen gehört beispielsweise eine vorsätzlich begangene Straftat, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung geführt hat. Neben dieser Verurteilung gehört zu den Voraussetzungen der Pflichtteilsentziehung nach § 2333 BGB auch die Notwendigkeit der Form nach § 2334 BGB, wonach der Erblasser in seinem Testament explizit Bezug auf die Straftat nimmt, die zu einer Entziehung des Pflichtteilrechts führen soll.
In dem vorliegenden Urteil führte das Oberlandesgericht Düsseldorf aus, dass zwar die Enterbung rechtmäßig sei, das Testament jedoch keinen Inhalt dahingehend erkennen lässt, auf welche strafrechtliche Verfehlung der Erblasser Bezug nimmt. Aufgrund der nicht konkretisierten Verfehlung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf hier keine Pflichtteilsentziehung nach § 2333 BGB angenommen. Allein aus der Enterbung des Kindes kann nicht gleichzeitig darauf geschlossen werden, dass damit auch die Entziehung des Pflichtteilsrechts einhergehen soll.
Praxishinweis:
Wenn ein Abkömmling straffällig geworden ist und die Voraussetzungen des § 2333 BGB vorliegen, so ist es zwingend erforderlich, dass der Erblasser, der seinem Abkömmling auch das Pflichtteilsrecht entziehen will, dies im Testament unter Bezugnahme auf die strafrechtliche Verfehlung und die erfolgte Verurteilung verbunden mit der daraus folgenden Pflichtteilsentziehung, verfügt.
OLG Düsseldorf, Az. I 7 U 134/18, Urteil vom 12.07.2019, eingestellt am 07.04.2020