Alkoholismus und Testierfähigkeit
Das OLG Brandenburg hat die Beschwerde gegen einen Erbschein zurückgewiesen, der die Ziehtochter des Erblassers als Alleinerbin auswies. Der Erblasser hatte am 19.03.2020 ein handschriftliches Testament verfasst, in dem er seinen gesamten Besitz seiner Ziehtochter vererbte. Die Schwester des Erblassers focht dieses Testament mit der Begründung an, der Erblasser sei aufgrund seiner psychischen Erkrankungen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht testierfähig gewesen.

Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts, dass der Erblasser trotz seiner Alkoholsucht und manisch-depressiven Erkrankung bei der Testamentserrichtung testierfähig war. Es wurde festgestellt, dass Alkoholismus allein keine krankhafte Störung der Geistestätigkeit darstellt, die automatisch zur Testierunfähigkeit führt. Es gab keine Anzeichen dafür, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung stark alkoholisiert war.

Bezüglich der manisch-depressiven Erkrankung des Erblassers stützte sich das Gericht auf ein fachpsychiatrisches Gutachten, das keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Testierfähigkeit fand. Die Sachverständige stellte fest, dass der Erblasser die Erbschaftsangelegenheit sorgfältig geplant hatte und sich der Tragweite seiner Handlungen bewusst war. Auch der langjährige Psychotherapeut des Erblassers bestätigte dessen Testierfähigkeit im relevanten Zeitraum.

Das Gericht betonte, dass die Entscheidung über die Testierfähigkeit sich auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung konzentrieren muss. Frühere Verhaltensweisen oder spätere Ereignisse, wie der Suizid des Erblassers, seien nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.

Das OLG Brandenburg sah keine Notwendigkeit für weitere Ermittlungen oder Zeugenvernehmungen, da der Sachverhalt bereits ausreichend aufgeklärt war. Es betonte, dass die Amtsermittlungspflicht im Erbscheinverfahren nicht erfordert, allen denkbaren Möglichkeiten nachzugehen, sondern abgeschlossen werden kann, wenn von weiteren Ermittlungen keine entscheidungsrelevanten Erkenntnisse mehr zu erwarten sind.

Insgesamt bestätigte das Gericht die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung und wies die Beschwerde gegen den Erbschein zurück.
OLG Brandenburg, Az: 3 W 28/24, Beschluss vom 19.03.2024, eingestellt am 08.03.2025