Zum Fortbestand der Enterbung bei Widerruf von Testamenten
Der Beschluss des OLG Zweibrücken behandelt die Frage, ob die Anordnung der Erblasserin, dass die gesetzlichen Erbinnen—ihre Enkelinnen—lediglich ihren Pflichtteil erhalten sollen, eine Enterbung darstellt. Die Erblasserin war verwitwet und hatte nach dem Tod ihres Sohnes zwei Enkelinnen als nähere Abkömmlinge hinterlassen. Sie und ihr Ehemann hatten zunächst mehrere gemeinschaftliche Testamente erlassen, in denen sie u.a. festhielten, dass die Enkelinnen „aus dem Erbe lediglich ihren Pflichtteil erhalten“ sollten. Weiterhin wurde das Verhalten der Schwiegertochter als Grund für deren Ausschluss vom Nachlass genannt.
Nach dem Tod des Ehemanns erfolgten verschiedene weitere Testamente, teils gemeinschaftlich, teils einseitig. Dabei wurde durch Widerrufserklärungen klargestellt, dass frühere einseitige oder gemeinschaftliche Testamente teilweise aufgehoben wurden. Es blieb jedoch unklar, inwieweit die zentrale Enterbungsklausel für die Enkelinnen weiterhin Gültigkeit behielt, insbesondere nach ergänzenden Testamenten und Testamentsergänzungen, in denen auch eine Entziehung des Pflichtteils nach § 2333 BGB angestrebt wurde.
Das Nachlassgericht war zunächst davon ausgegangen, dass nach den vorgenommenen Widerrufen die gesetzliche Erbfolge uneingeschränkt eintreten müsse und damit die Enkelinnen als Erben erster Ordnung zum Zuge kämen. Das OLG widersprach dem und stellte klar, dass die Anordnung der Erblasserin, die Enkelinnen auf den Pflichtteil zu verweisen, als eindeutige Enterbung im Sinne des § 1938 BGB zu werten sei. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein gemeinschaftliches Testament die Enterbung ausdrücklich und begründet enthält und spätere einseitige Widerrufe nur einzelne Verfügungen, nicht aber ausdrücklich gemeinschaftliche Anordnungen erfassen. Der Widerruf „aller bisher errichteten einseitigen Verfügungen“ lasse typischerweise die gemeinschaftlichen, insbesondere die Enterbung, unberührt. Die Enkelinnen seien daher nicht als gesetzliche Erbinnen anzusehen; stattdessen erben die Abkömmlinge des Bruders der Erblasserin entsprechend der gesetzlichen Erbfolge.
OLG Zweibrücken, Az.: 8 W 18/24, Beschluss vom 18.02.2025, eingestellt am 01.10.2025
Fachanwalt für Erbrecht Dr. jur. Christian Kasten
